Welcher Läufer / welche Läuferin kennt das nicht? Nach dem Training fängt die Achillessehne an stechend zu schmerzen. Am Tag nach dem Lauf fährt der Blitz bei den ersten Schritten nach dem Aufstehen in die Achillessehne ein. Wenn dieser Schmerz an mehreren Tagen bleibt und sich sozusagen “festigt”, wird es zur Laufverletzung. Dieses Verletzungsmuster wird in Fachkreisen auch als Achillodynie bezeichnet und kommt laut Nielson et al. (2013) bei ca. 4,8% aller Läuferinnen und Läufern vor. Damit nimmt es den 5. Platz unter den häufigsten Laufverletzungen ein.

Welche Aufgabe hat die Achillessehne?

Die Achillessehne ist die kräftigste Sehne des gesamten Körpers. Man kann sie relativ einfach selber, zwischen dem Fersenbein und Beginn des Wadenmuskels ertasten. Biomechanisch vereinfacht erklärt, muss die Achillessehne die Kraft des Wadenmuskels auf das Fersenbein und damit den Fuß übertragen. Wenn man sich die Lauftechnik allerdings genauer ansieht, entstehen hier 3 verschiedene Aufgaben, die wir in unserer Beleuchtung berücksichtigen müssen. Eine Laufbewegung setzt sich aus 3 verschiedenen Phasen zusammen. Die Landephase, Standphase und Abdruckphase.

In der Landephase stellen wir den Bodenkontakt her. Hier muss diese Sehne die Landung und damit unser gesamtes Körpergewicht dämpfen bzw. abfedern. In der Standphase wird unser Gewicht stabilisieren und die Achillessehne bzw. der Wadenmuskel muss das Gewicht isometrisch halten. In der Abdruckphase wird der Abstoß vom Boden damit realisiert. Und genau in diesen unterschiedlichen Aufgaben liegt meist das Problem bzw. die Ursache der Schmerzen in der Achillessehne.

Wie entstehen Achillessehnenentzündungen?

Wie wir vorhin bereits festgestellt haben, hat die Achillessehnen 3 unterschiedliche Aufgaben.

  1. Dämpfen
  2. Stabilisieren
  3. Kraftübertragung für den Abdruck

Je höher nun die Laufgeschwindigkeit ist, desto größer werden die Belastungen für die Achillessehne. Das kann eine Belastung bis zum 12-fachen des Körpergewichts bei hohen Laufgeschwindigkeiten bedeuten. Und das bei jedem Schritt! Das ist auch der Grund, warum Achillessehnenschmerzen meistens bei Trainingsblöcken mit höheren Laufgeschwindigkeiten auftreten. Intervallläufe, Wiederholungsläufe, Sprints und Sprünge bergen die höchste Gefahr dafür, wenn wir nicht die erforderlichen Voraussetzungen auf technischer, konditioneller und materieller Ebene haben.

Welchen Einfluss hat die Lauftechnik auf Achillessehnenschmerzen?

Aus meiner mehrjährigen Praxiserfahrung kann ich berichten, dass die Lauchtechnik einen sehr großen Einfluss darauf hat. Häufig handelt es sich dabei um Läuferinnen und Läufer, die gerade die Lauftechnik in Richtung Vorfußlaufen umgestellt haben. Leider wird in einschlägigen Foren und auch bei Ausbildungen noch immer der Vorfußlauf propagiert. Dieser ist allerdings für die meisten SportlerInnen, die jetzt nicht gerade über die äthiopische oder kenianische Körperproportion verfügen, ein zusätzlicher Beitrag zum Verletzungsbild Achillodynie.

Wir gehen im Alltag mit “gut gedämpften” Schuhen, haben ein paar Kilos über dem Sollwert auf unseren Hüften, wärmen uns vor dem Lauf meistens nicht auf und wundern uns dann, dass die punktuelle Belastung auf der Achillessehnen zu groß wird?

Die zweite Gruppe bilden die sogenannten Fersenläufer (siehe Bild), die mit dem zu langen Schritt nach vorne und der zu geringen Schrittfrequenz die Bodenkontaktzeit unnatürlich erhöhen. Sehnen, Bändern, Bindegewebe können Energie speichern und für den nächsten Schritt wieder freigeben. Bei zu langer Bodenkontaktzeit kann diese Energie unsere Strukturen in den Sehnen und Gelenken unvorteilhaft schädigen.

Um herauszufinden ob auch du ein technisches Risiko für Achillessehnenentzündungen hast, würde ich einen professionelle Laufanalyse unter realen Bedingungen auf der Laufbahn empfehlen.

Hier geht's zur Laufanalyse!

 

Welchen Einfluss hat Konditionstraining auf Achillessehnenschmerzen?

“Ein Läufer / eine Läuferin sollte laufen!”

Dieser Spruch galt bis vor einigen Jahren noch in der Community als allgemeingültig. Obwohl man aus anderen Sportarten wusste, dass durch die Sportart alleine nicht alle Fähigkeiten entsprechende ausgebildet werden. Man braucht sozusagen ein gutes körperliches Fundament für das Laufen.

Mittlerweile ist es Gott sei Dank lege artis, dass man entsprechende Fähigkeiten im Richtung Kraft, Stabilität und Beweglichkeit benötigt, um verletzungsfrei durch harte Vorbereitungswochen zu kommen.

Folgende Übungen empfehlen wir in der Verletzungsprävention oder bei bereits bestehenden Problemen mit der Achillessehne

1-2 x pro Woche empfehle ich jedem Laufbegeisterten 10 – 30 x die Übung “Wadenheber” an einer Bordsteinkante zu machen. Die Bewegung sollte langsam und korrekt ausgeführt werden. Vor allem das Runterlassen des Körpergewichts, was auch als exzentrische Belastung bezeichnet wird, sollte ganz langsam und konzentriert ablaufen. Das liebt die Achillessehne.

Die Wiederholungszahl bitte langsam steigern 5/10/15/20/25/30 pro Woche usw. Diese Übung kann man auch bei bereits bestehenden Schmerzsymptomatiken langsam in den Rehaprozess einbauen. Ich würde hier allerdings mit 5 Wiederholungen beginnen und wöchentlich diese nur um 5 Wh steigern.

Zusätzlich 1-2x/Woche mit der Faszienrolle die Fußunterseite und den Wadenmuskel langsam und vorsichtig 2 – 3min ausrollen. Das nimmt die Spannung raus und optimiert das Bindegewebe.

 

Welchen Einfluss hat der Laufschuh auf Achillessehnenschmerzen?

Wir haben bereits über die technischen Fehler und den Zusammenhang mit Schmerzen in der Achillessehne gesprochen. Nun muss man wissen, dass der Laufschuh natürlich einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Lauftechnik und die Biomechanik hat. Hat der Laufschuh eine geringe Sprengung und ich bin vorher immer einen klassischen “gut gedämpften” Schuh gelaufen, kann das System Fuß/Unterschenkel überfordert werden. Also bitte nicht zu schnell runter mit der Sprengung!

Auf der anderen Seite führen gut gedämpfte Schuhe zu einer negativen Veränderung meiner Lauftechnik. Ich spüre den Fußaufsatz nicht und werde damit meistens in den Fersenlauf kommen. Das führt wiederum zu der bereits diskutierten Problematik mit der Bodenkontaktzeit. Also man merkt schon, das der eine Faktor auch auf anderen Faktoren einen Einfluss hat. Neige ich zu einer starken Pronation oder Supination, kann dies auch die punktuelle Belastung auf die Achillessehne erhöhen. Hier spricht man von einer Peitschenbewegung oder einer hohen Winkelbeschleunigung im Bereich der Achillessehne.

Das Thema Sprengung und Laufschuh haben wir auch in diesem Artikel bereits näher erklärt

Hier geht's zum Artikel!

Unser Tipp

Durch eine Lauf-Videoanalyse kann deine Lauftechnik beurteilt und individuell mit geeigneten Übungen verbessert werden. Dies reduziert die Verletzungsanfälligkeit und erhöht den Laufspaß und deine Leistung. Die Gelenksachse kann durch spezifische Übungen signifikant verbessert werden. Viele Läuferinnen und Läufer vergessen, dass unsere Muskulatur und Faszien die Stellung der Gelenke, die Beweglichkeit und die Stabilität beeinflussen. Durch gezielte Übungen wirken kann man positiv darauf einwirken. Bitte vergesst auch nicht auf die erforderliche Regeneration in eurem Training. Wenn ich meinen Körper nicht die entsprechenden Pausen und Regenerationszeiten gebe, wird sich wahrscheinlich auch bei allen Vorkehrungen ein Verletzungsmuster entwickeln.

 


Dr. Harald Eglauer

Harald Eglauer

– Selbstständiger Sportwissenschaftler seit 2006

– Leistungsdiagnostiker, Laufexperte und Gesundheitsmanager

– Mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der kardiologischen, pulmologischen und orthopädischen Trainingstherapie

– Geschäftsführer der Vitalyzed GmbH

Kontakt: eglauer@vitalyzed.com